Hofheim am Taunus, 07. Juni 2019 – Seit 2010 befinden wir uns in der sogenannten „Eurokrise“. Fast schon eine Dekade Krise und kein Ende in Sicht. Wird es ein Ende mit Schrecken geben oder beschert uns die viel zitierte „Friedens-Währung“ den Schrecken ohne Ende? Oder ist vielleicht doch endlich eine Problemlösung in Sicht?

Brüssel, wir haben ein Problem!

Dass der Euro ein Problem hat, ist unstrittig. Wenn Wikipedia wie folgt konstatiert: „Die Eurokrise bezeichnet eine vielschichtige Krise der Europäischen Währungsunion… Sie umfasst eine Staatsschuldenkrise, eine Bankenkrise und eine Wirtschaftskrise…“, dann muss da etwas dran sein. So viele Krisen auf einmal sollten nachdenklich stimmen. Tatsächlich liegt diesen vielschichtigen Problemen eine einzige Krise zugrunde: die Krise des Geldes.

Mit diesem Kommentar schildere ich komprimiert Problem und Lösungsansatz. Mit dem separaten, ausführlichen Grundsatzbeitrag „Geldexperiment Euro“ erläutere ich warum das so ist, wie es dazu im historischen Kontext kam und warum das kein exklusives Problem der Euro-Währung ist. Doch die Situation des Euro ist schon eine besonders verzwickte.

Sämtliche (geld-)politischen Entscheidungsträger sitzen weiterhin in einer Euro-Kutsche, die von zwei völlig erschöpften Pferden gezogen wird. Das Pferd zur Linken trägt den Namen „Fiat Money“, das zur Rechten hört auf „Monetarismus“. Zusammen haben sie schon eine lange und wilde Fahrt hinter sich. Beide Geschöpfe lahmen bedenklich und zusammen bekommen sie die Kutsche inzwischen kaum noch vorwärts. Stellen wir aber die Pferde bildlich zurück in den Stall und kümmern uns um die Begrifflichkeiten.

Man kann die Problemanalyse des Euro zunächst beginnen, indem man über die Entstehung und die schwächliche DM nach dem Mauerfall oder die zu expansive Kreditaufnahme der Südländer in den Anfangsjahren diskutiert. Auch das Überbordwerfen der Maastricht-Kriterien oder die ausgeprägte Heterogenität der Teilnehmerländer sind Aspekte, die in einer umfangreichen Analyse Platz finden sollten. Doch im Kern und zusammengefasst liegt das Problem im Fiat Money-System monetaristischer Prägung.

Fiat Money – „Es werde Geld!“

„Es werde Geld!“, sprach der Alchemist und es ward Geld. Was sich wie ein Auszug aus Paulo Coelhos „Der Alchemist“ liest, ist vielmehr das Selbstverständnis der neuzeitlichen Geldschöpfer. Zentral- und Geschäftsbanken sind in der Lage, ohne Erarbeitetes oder Erspartes, Geld aus dem Nichts zu schöpfen. Gegenbuchung ist der Kredit. Auf diese Weise wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten kräftig Geld geschöpft bzw. Kredit aufgetürmt. Die öffentlichen Haushalte sind übrigens große Nutznießer dieses Konstrukts, können sie doch mit der Emission von Anleihen die Gelder einnehmen, um ihre Wohltaten fürs Wahlvolk zu finanzieren, wenn die Steuern einmal wieder nicht ausreichen sollten. Diese Randbemerkung soll dem Verständnis dienen, warum aus den Reihen der Politik bislang kein ernsthafter Wille an einer tiefgreifenden Krisenanalyse erkennbar ist.

Das Geld wurde dabei immer wertloser. Diejenigen, die dicht an den Geldquellen sitzen, reiben sich die Hände, die anderen leiden unter Inflation („Cantillon-Effekt“). Gäbe es innerhalb einer Wirtschaftszone Währungswettbewerb, hätte solch ein Geld niemals funktioniert. Denn dann hätten sich zumindest die Hinteren im Verteilungsprozess für eine andere, stabilere Währung entscheiden können. Ein Fiat Money-System braucht das Geldmonopol, in unserem Fall jenes des Euro.

Monetarismus – Eine vernünftige Theorie?

In den 1970er Jahren wurde, beginnend in Europa, der Monetarismus immer salonfähiger. Populärster Vordenker war Milton Friedman. Seine Kritik an der damaligen keynesianischen Wirtschaftspolitik klingt gerade für uns Nordeuropäer irgendwie vernünftig: Die Staaten sollten sich doch auch in wirtschaftlichen Abschwungphasen in Austerität üben und nicht zu viel neuen Kredit aufnehmen, um die Wirtschaft ankurbeln zu wollen. Das hätte auf längere Sicht mehr negative als positive Effekte, da die Schulden auf dem Staat lasteten, was zu Steuererhöhungen führen müsse, was wiederum den zukünftigen Konsum empfindlich dämpfe.

Der Ansatz der Monetaristen war und ist es auch weiterhin, sich stattdessen auf die Steuerung der Geldmenge und des Zinses zu konzentrieren. Schwächt sich die Wirtschaft empfindlich ab, gelte es, die Zinsen zu senken, um mehr Nachfrage nach Geld zu schaffen, das für neue Investitionen und schließlich auch für Konsum sorgen solle. Drohe die Wirtschaft zu überhitzen, müsse die Zentralbank bremsen.

Hat es sich jetzt ausgesteuert?

Der Blick auf den Geld-Status quo führt zu tiefer Nachdenklichkeit, begleitet von tiefen Sorgenfalten! Zu viele zu große Staaten der Eurozone leiden nicht zuletzt durch die Dauersteuerung und falscher Anreizsysteme an schwächlichem Wirtschaftswachstum, was zu chronisch negativen Primärsalden und Neuverschuldung im Dauermodus führt. Die hohen Staatsschuldenstände verlangen nach Tiefst-Zinsen. Zinserhöhungen sind nahezu abwegig.

So sind die Leitzinsen seit 2014 bei null Prozent und die Geldmenge ist enorm angeschwollen (siehe Grafik weiter unten). Würden wir in den nächsten Jahren eine Rezession erleben, müsste jede weitere Steuerung der Monetaristen ins Absurde führen: zu Helikoptergeld-Maßnahmen oder Negativzinsen von etwa minus zwei bis vier Prozent. Die Enteignung der Sparer wäre jetzt auch für die weniger aufmerksamen Bürger sichtbar. Für genau dieses Szenario gibt es, ganz nebenbei erwähnt, längst konkrete Modellierungen und Arbeitsgruppen beim Internationalen Währungsfonds, in der Europäischen Zentralbank und im Bundesfinanzministerium.

Entwicklung Geldmenge M3 Euro

Quelle: Wikipedia, 2018

Wollte man das Absurde vermeiden, bräuchte es eben doch wieder eine starke staatliche Neuverschuldung, um mittels Konjunktur-Rettungspaketen einen kräftigen Nachfrageschub auszulösen. Das Gebilde eines monetaristischen Euro-Währungssystems steht, so oder so, vor seinem Ende.

Eine neues Währungskonzept muss her!

Den Trieb des Herrschens bzw. der zentralen Steuerung werden wir den Lenkern der Eurozone nicht abgewöhnen können. Freie, das private Eigentum schützende, Warengelder, die idealerweise im Wettbewerb zueinander stehen, werden frommer Wunsch bleiben. Richten wir unsere Gedanken daher pragmatisch, offen, kreativ und systemgerecht nach vorne aus. Wie könnte die Lösung für eine bessere wirtschaftliche Zukunft aussehen? Gäbe es möglicherweise eine Art neuen „Kunstgriff“ in dieser Welt ohne Grenzen?

Wie wäre es denn mit dieser Idee: Die Staaten der Eurozone bringen einfach ihr eigenes Geld heraus. Das machen sie meinetwegen und zur Aufrechterhaltung der europäischen Friedenstheorie auch weiterhin in trauter Union. Sie kreieren also einfach ihren eigenen „Super-Euro“, schreiben 100 drauf und produzieren ihn mit Kosten von beispielsweise 50. Dann verdienen sie Geld mit dem Geld anstatt auf neue Schulden Zinsen zu zahlen, die sie sich sowieso vielerorts nicht mehr leisten können. Die Staaten nehmen so den Bankern das Münzrecht wieder aus der Hand und werden Herr des Geldes, statt ewiger Schuldner zu bleiben. Das wäre übrigens nichts neues, sondern die Wiedergeburt des antiken und mittelalterlichen Münzrechts des staatlichen Souveräns. Geld wäre ausreichend da. Man könnte mit neuer Währung alte Euro-Schulden tilgen und sogar zeitgleich die Steuern erheblich senken. Was wäre das für ein ungeheuerlicher wirtschaftlicher Anschub!

Halten wir die Feinheiten der technischen Umsetzung hier bewusst knapp. Die passende Technologie stünde jedenfalls bereit: die Blockchain. Die Dezentralität könnte man auf die Mitgliedsstaaten verteilen und so den Anschein erwecken, eine echte Kryptowährung geschaffen zu haben. Spezielle Verteilungsschlüssel würden die Neuemission neuer Geldeinheiten regeln. Nicht einmal Gold und Silber müsste man am Markt für das neue Geld einkaufen. Noch dazu hätte man als Nebeneffekt das Bargeld abgeschafft und völlige Transparenz über alle Zahlungsströme. Nahezu jeder Politiker muss bei dieser Vision hinzugewonnener Staatlichkeit einen spontanen Freudentanz wie Rumpelstilzchen vollziehen. Doch mit Eigentums- und Freiheitsrechten hat das freilich wieder recht wenig zu tun. An dieser Stelle wird weiterhin großzügige Toleranz gefragt sein. Aber wen kümmert das schon, wenn es uns dann allen so richtig gut geht?

Fazit

In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit auf immer mehr Verpackungen steht und tatsächlich auch das menschliche Handeln zusehends bestimmt, trifft das auf manche zentralen Bestandteile unseres Lebens leider nicht zu. Und schon gar nicht auf unserer Geld! Deshalb nutzen Sie den Euro ausschließlich als gesetzliches Zahlungsmittel und meiden Sie ihn zur Wertaufbewahrung bzw. zum Sparen. Dieses oder ein anderes zukünftiges Geld wird nur zum Ausgeben taugen!

Nutzen Sie Ihr Kapital für eine erfüllte Lebenszeit,
Ihr Jörg Haldorn, CFP, EFA