Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

Wissen ist Quelle für beruflichen Erfolg und Basis für individuellen Wohlstand. Das „richtige“ Wissen über Geldangelegenheiten sichert und steigert den Wohlstand und führt schneller zur finanziellen Unabhängigkeit. Doch auf welches Wissen und auf wen kann man sich dabei verlassen? Was ist eigentlich echtes Finanzwissen und was ist möglicherweise nur „gefährliches“ Halbwissen?

Unwissende und Propheten

Wir alle haben wohl schon einmal über die Formulierung „Wissen ist Macht! Nichts wissen macht auch nichts!“ geschmunzelt und dabei gewusst, dass das sehr wohl etwas macht: nämlich in letzter Konsequenz unfrei und abhängig von denen, die wissen.

Eine ungleiche Wissensverteilung ist gerade in Geldthemen signifikant ausgeprägt und führt – welch Überraschung – unmittelbar zu einer ungleichen Verteilung des Geldes in der Gesellschaft.

Wenn wir im Folgenden Unwissen, Halbwissen und Wissen untersuchen, ist es wichtig, den Zeitaspekt zu integrieren. Wissen leitet sich immer aus Vergangenem ab, das in der Gegenwart richtig angewandt, zum Erfolg führt. Problematisch wird es aber immer dann, wenn man Wissen anzuwenden versucht, um zukünftige Entwicklungen zu antizipieren – wie es bei Investmententscheidungen Usus ist. An dieser Stelle scheitert auch der vermeintlich wissende Experte in aller Regelmäßigkeit.

Grundsätzlich stellen sich einem zwei Lösungsansätze: Entweder man greift auf bewährte Regeln zurück oder man stellt eine Prognose über die zukünftige Entwicklung auf. Doch dieses Unterfangen  ähnelt dem Blick in die gläserne Kugel und verlangt die göttliche Gabe der Prophezeiung.

Im Bereich der Investmentindustrie, der Ökonomen und Wirtschaftsforscher – manche im Staatsdienst werden sogar als Wirtschaftsweise bezeichnet – gibt es diese scheinbar befähigten Prognostiker zuhauf. Oder haben wir es vielmehr mit gefährlicher Selbstüberschätzung zu tun? Der Harvard-Ökonom J.K. Galbraith formulierte in dieser Fragestellung mit erfrischender Offenheit über seine eigene Zunft: „Es gibt zwei Arten von Leuten, die die Zukunft vorhersagen: jene die nichts wissen, und jene, die nicht wissen, dass sie nichts wissen!“.

 

Unwissen

Das allgemeine Geld-Unwissen am Beispiel des EZB-Kapitalismus

Die unterlassene staatliche Finanzbildung führt zu einem durchaus weit verbreitetem Unwissen rund um unser Geld und zu immer skurrileren öffentlichen Meinungen und Verhaltensweisen.

Ein Beispiel: Menschenmengen gehen heutzutage auf die Straße und protestieren gegen den Kapitalismus der Zentralbanken, wie der EZB. Das heutige Geldsystem wird in der gesellschaftlichen Breite als kapitalistisch wahrgenommen und gebrandmarkt. Doch haben Zentralbanken in etwa so viel mit Kapitalismus zu tun, wie Erich Honecker mit der freien Marktwirtschaft.

In aller Kürze: Echter Kapitalismus bedeutet Förderung und Schutz des Privateigentums an den Geld- und Produktionsmitteln und Steuerung von Angebot und Nachfrage aus den menschlichen Präferenzen heraus über den freien Markt. Die freie Preisbildung ist dabei die Regelgröße dieses natürlichen Organismus. Aufgabe des Staates ist es, diesen Freiheitsgrad gegen zu starke Akkumulation Einzelner in Richtung Monopol zu schützen. Das ist echter Kapitalismus!

Die EZB hat, im Gegenteil dazu, genau jenes Monopol auf die Geldproduktion und setzt den Preis für Geld (namens Zins) zentral fest. Deshalb heißt sie ja auch Zentralbank. Das ist sozialistische Geld-Planwirtschaft und genau das Gegenteil von Kapitalismus! Ihr Handeln folgt den gleichen Prinzipien wie der Trabbi-Produktion in der ehemaligen DDR.

Das Unwissen der scheinbar wissenden Finanzmarktexperten

Kommen wir noch einmal auf den Zeitaspekt des Wissens zurück, denn er hat enorme Auswirkungen auf Ihren persönlichen Anlageerfolg. Es gibt ohne Zweifel zahlreiche sehr intelligente und gebildete Menschen in der Finanzbranche, die sich direkt oder indirekt mit den Kapitalmärkten beschäftigen, potentielle Anlage-Opportunitäten suchen und dabei enormes Research vereinen. Doch wenn es um  die Treffsicherheit ihrer Prognosen geht, bleibt ihr Erfolg sehr überschaubar.

So offenbaren Ex-post-Analysen regelmäßig, dass der Großteil der Wirtschaftsforscher-Prognosen fern ab der Realität liegt. Das gleiche gilt für die Marktprognosen der Investmentmanager. Entsprechende Ergebnisse hinterlassen sie bei den Anlegern. Also: Vorsicht vor allzu sicheren Prognosen, egal wie viel Überzeugung aus den Brusttönen dieser Experten mitschwingt!

Regelrecht gefährlich wird es dann, wenn Journalisten-Experten die Investment-Experten in Rankings zu Siegern küren. Der Anleger glaubt nun, die Wissenden gefunden zu haben und kauft die umjubelten Sieger regelmäßig in sein Depot.

Das Resultat wird sein, dass dieser „Finanztest-Anleger“ mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Verlierern gehören wird. Zunächst handelt er zyklisch und dann kommt auch noch Pech dazu: Analysen von Mehrjahreszeiträumen diverser Fondstypen offenbaren, dass es – wenn überhaupt – nur ganz wenige Fondsmanager schaffen, sich dauerhaft in der Spitze festzusetzen.

Achten Sie in Zukunft doch einmal auf die Überschriften derartiger Artikel in Ihrer Tageszeitung. Der Inhalt ist immer derselbe: Wieder hat es ganz überraschend ein Newcomer bis ganz nach oben geschafft und der Sieger der Vorperiode ist stark abgeschlagen.

Das ist nur logisch und einfach zu erklären: Das globale Wissen aller Marktteilnehmer steckt bereits in den täglichen Kursen. Das Wissen eines einzelnen Fondsmanagers (inkl. seines Teams) kann einfach auf Dauer nicht größer oder besser sein als das gesamte globale Wissen, das sich heutzutage in hoher Geschwindigkeit in den täglichen Kursbildungen niederschlägt. Noch dazu sind die Komplexität und die Rückkopplungseffekte an den Kapitalmärkten inzwischen derart angewachsen, dass ein auf Prognosen basiertes Investieren immer schwieriger wird. Private Anleger sollten deshalb nicht die Erwartungs-haltung an einen Manager haben, dass ihm das nachhaltig gelänge.

Unwissen in Geld- und Investmentthemen ist keine Folge mangelnder Intelligenz. Unwissen ist zum einen leider bedingt durch das fehlende Angebot an Finanzbildung und zum anderen durch die Ungewissheit über die Zukunft. Doch es gibt sehr wohl wertvolles Investmentwissen, das sich für eine erfolgreiche Geldanlage nutzen lässt!

 

Halbwissen

Die zusammengesetzten Silben „halb“ und „Wissen“ bringen es deutlich zum Ausdruck: Da fehlt etwas zum verlässlichen Wissen. Wenn man sich dessen nicht bewusst ist, kann es wieder vergleichbar gefährlich werden, wie beim Vertrauen auf die Finanztest-gekürten Investment-Prognostiker.

Wir wollen uns im Folgenden auf das „professionelle Halbwissen“ konzentrieren und so den Faktor fehlender Finanzbildung ausschließen. Es geht also um das Halbwissen der sogenannten „Experten“.

Es gibt zwei Gründe warum wir es nur mit Halbwissen zu tun haben. Erstens: Auch der Experte (samt seinem Team) kann einfach nicht über alle aktuellen Informationen verfügen. Es bleibt immer ein Gegenwartsdefizit an Informationen. Und zweitens kommt das bereits beschriebene Zukunfts- bzw. Prognosedefizit hinzu. Das „professionelle Halbwissen“, z.B. eines Investmentmanagers, wird aber erst dann gefährlich, wenn er der festen Überzeugung ist, dass sein Wissen größer ist als das des gesamten Marktes und er glaubt, die Zukunft prognostizieren zu können.

Das Wort „Halbwissen“ ist im Übrigen keinesfalls abschätzig zu verstehen. Es gibt einen breiten Fundus an anspruchsvollen Erkenntnissen in diesem Bereich. Die Volkswirtschaft hat u.a. starke Wirkungs-zusammenhänge zwischen Konjunktur, Industrieproduktion, Unternehmensgewinnen bis zur Aktien-marktentwicklung identifiziert. Der OECD-Frühindikator liefert wichtige Indizien für die Performance von Aktien- und Rentenmärkten und die Inflation steht in sehr engem Kontext zur Zinsentwicklung.

Zusammenfassend sind die meisten Volkswirte in der aktuellen Bewertung dieser Faktoren optimis-tisch für Aktien und verhalten pessimistisch für Anleihen. Ölpreis und Arbeitsmarktentwicklung stimulieren den Konsum. Die Inflation kommt zwar zurück, bleibt jedoch moderat. Der Druck auf die Zinsentwicklung und die sehr expansive Geldpolitik bleibt so insgesamt gering. Letztere ist zudem politisch stark gestützt durch die sehr hohen Staatsschuldenstände, die es zu finanzieren gilt.

Gerade die Zinsen im Euroraum versprechen sehr niedrig zu bleiben. Es wird viel neue Liquidität in den Markt kommen. Die Renditen anderer Anlageformen werden sich zeitverzögert anpassen. Das deutet auf weiter steigende Immobilienpreise und Aktienkurse hin.

Doch für in die Zukunft gerichtete Investmententscheidungen bleiben diese Erkenntnisse „profes-sionelles Halbwissen“, denn mindestens ein Faktor verlangt nach einer unsicheren Prognose. Wenn man sich dessen bewusst ist, ist alles gut.

 

Wissen

Nach all den bis hierher möglicherweise ernüchternden Feststellungen wollen wir einiges an hellen und bunten Farben zu diesem Bild hinzufügen. Denn es gibt tatsächlich echtes Wissen, das sich anwenden lässt, um erfolgreiche Investment-Entscheidungen zu treffen!

Zunächst einmal ist es bereits von großem Wert erkannt zu haben, dass Halbwissen nur Halbwissen ist. Daraus abgeleitetes, angewandtes Wissen bestünde z.B. darin, auf mehrere Investmentmanager zu setzen, deren Strategien zum eigenen Risikoprofil passen. So ließe sich das eigene Risiko managen.

Wie bei der Analyse des Halbwissens wollen wir auch jetzt einen Fokus setzen und konzentrieren uns dabei auf einige Wissensaspekte, die elementar für die strategische Anlageverteilung sind.

 

Status Quo des Geldsystems

Zentralbanken sind ein globaler Verkaufsschlager. Das ist nur zu gut verständlich, denn sie ermöglichen es ihrem Regime, ohne Limit neues Geld zu schaffen. Die Geldproduktion bedarf keiner Deckung mehr. Geld entsteht schlicht durch Aufnahme neuer Schulden. Die Schulden wachsen sukzessive an, die Zinslasten aber auch. Die Schuldner (Staaten, Banken, Unternehmen, Private Haushalte) geraten dadurch irgendwann an ihre Finanzierungsgrenze. Werden sie zahlungsunfähig, bekommt der Geldgeber sein Geld nicht zurück. Die Kurzfassung der Symptomatik des modernen Geldsystems beinhaltet sogleich seinen Systemfehler. Und diese schnelle Herleitung dient sowohl dem Verständnis der Immobilienkrise, der Bankenkrise und der aktuellen Staatsschuldenkrise. Die Ursache ist unser Zentralbank-Geldsystem, in dem wir alle zum Handeln gezwungen sind!

Wie geht es nun weiter? Allein die globale Staatsverschuldung ist in den letzten sechs Jahren um über 80% angewachsen. Das Feuer der Bankenkrise wurde mit neuem Öl bekämpft. Die Schuldenkrise ist längst nicht ausgestanden. Es gibt kein Zurück mehr. Stattdessen wird der Ölhahn des billigen Geldes weiter aufgedreht. In der Folge wird Geld immer weniger wert und in die Zentralbankbilanzen, als bilanzielles Spiegelbild des Geldwerts, drängen immer mehr Schuldpapiere schlechterer Bonität.

Dieses Wissen sollte zur strategischen Überlegung führen, Qualitäts-Realwerte zu berücksichtigen und ausfallgefährdete Anleihen (Geldwerte) entsprechend vorsichtig zu bewerten. Wir wissen nicht, ob und wo in Zukunft Schuldenschnitte umgesetzt werden. Ebenso gut bietet die Konstruktion des Geld-systems ein Szenario von Null- oder Negativzinsen, um die Schulden dauerhaft finanzierbar zu halten.

Doch in beiden Szenarien werden Realwerte die stabilere Basis sein, um Vermögen real zu erhalten. Welche Anlagen für den Einzelnen am besten geeignet sind und in welchem Umfang sie zu nutzen sind, ist wiederrum sehr individuell zu klären.

 

Die Zukunft ist bislang ungewiss!

Jeder Anleger sucht nach Wissen bzw. nach den Wissenden, die Überrenditen oder gar risikofreie Renditen versprechen. Doch die gibt es nicht! Wer Rendite haben möchte, und sei es lediglich zum realen Vermögenserhalt, der muss Risiko eingehen. Denn jede, aber auch jede, Geldanlage erfolgt unter der zukünftigen Ungewissheit.

So besteht Konsens in der Finanzwissenschaft, dass Märkte effizient sind. Produktivkapital (z.B. Aktien, Anleihen, Immobilien) liefert zwar langfristig positive Renditen, unklar sind jedoch Zeitraum und Aus-maß. So bleibt es beim Paradigma, dass Rendite und Risiko untrennbar miteinander verbunden sind.

Derzeit gibt es sehr interessante wissenschaftliche Arbeiten, die dieses Paradigma grundsätzlich in Frage stellen. Wissenschaftliche Basis sind die Aufsehen erregenden Erkenntnisse des Mathematikers Benoit Mandelbrot. Sie beschreiben den fraktalen Aufbau von Objekten und Abläufen, die stets aus mehreren verkleinerten Kopien ihrer selbst bestehen. Diese Beobachtungen sollen auch für die Kurs-entwicklungen bzw. Trendmuster an den Kapitalmärkten gelten. Erste Investmentansätze versuchen nun, dieses Wissen in einigermaßen verlässliche Kursprognosen zu übersetzen und tatsächlich risiko-neutrale Überrenditen daraus zu erzeugen. Wir werden diese Ansätze aufmerksam weiterverfolgen. Doch zunächst bleibt es dabei: Rendite braucht Risiko!

 

Die Existenz von Renditeprämien

Obwohl die Zukunft bislang aus Sicht der Wissenschaft nicht prognostizierbar ist, bietet die moderne Finanzwissenschaft trotzdem wertvolles Wissen, um leistungsfähige Portfolios zu bauen. Im Laufe der zurückliegenden Jahre wurden bis heute sechs Risikofaktoren identifiziert, die sog. Renditeprämien in sich tragen. Zwei Faktoren wurden bei Anleihen und vier im Aktienbereich nachgewiesen.

Das soll heißen, dass derjenige, der diese Risiken regelbasiert eingeht, bislang überall und immer mit Rendite belohnt wurde. Diese Prämien sind zwar nicht jeden Tag oder jedes Jahr am Markt vorhanden, sonst gäbe es ja kein Risiko. Wer aber längerfristig und konsequent investiert bleibt, wird besser abschneiden als jene Investoren, die andere Risiken eingehen. Eine Optimierung erfährt die Strategie der Renditefaktoren dann, wenn durch eine sehr breite Anlageverteilung sämtliche anderen Risiken „wegdiversifiziert“ werden.

In der konkreten Umsetzung bedeutet das, dass sich beispielsweise das Aktien-Portfolio auf die Faktoren „Small“, „Value“ und „Profitabilität“ fokussiert und zugleich diverse andere Aktienrisiken nahezu eliminiert.

 

Fazit

Im Umgang mit der ungewissen Zukunft jeder Investmententscheidung ist Halbwissen nur der zweitbeste Ratgeber. Ein auf Wissen und Regeln basiertes Anlage- und Risikomanagement füllt diese Wissenslücke deutlich besser aus und führt zu stabileren Renditen.

Deshalb setzt unser Investmentansatz auf angewandtes Wissen: Das Wissen über die Fragilität des Geldes und das Wissen über die unzweifelhaft vorhandenen Renditefaktoren. Die richtige praktische Umsetzung gelingt jedoch nur mit dem Wissen über die individuellen Anforderungen und das Risiko- profil eines jeden Anlegers.

Wir stehen Ihnen für Ihre individuelle Ausrichtung zum Erhalt und Ausbau Ihres Vermögens bereit.

 

Jörg Haldorn, CFP

Hofheim am Taunus im Mai 2015